Was spaltet uns?

Was spaltet uns?

Auch wenn führende Politiker anderes behaupten, so wird wohl fast jeder zustimmen, dass die Gesellschaft gespalten ist wie nie. Die Anzahl der Themen, die man besser ausklammert, wenn man einen entspannten Abend genießen möchte, nimmt fast täglich zu. Doch was ist es eigentlich, was die Gesellschaft derart spaltet und die Diskussionskultur zunehmend vergiftet?

Als mir spätestens Anfang 2020 erstmals bewusst wurde, dass manche Themen (damals DAS eine Thema) nicht mehr offen diskutiert werden konnten, nahm ich in alter Gewohnheit zunächst an, dass es mit der politischen Links-Rechts Positionierung zu tun haben könnte. Doch es wurde schnell offensichtlich, dass dieser Erklärungsansatz zu einfach ist.

Spätestens als Begriffe wie „Eigenverantwortung“ oder „Freiheit“ negativ geframed wurden, dämmerte mir, dass ich offenbar seit Jahrzehnten einem Irrtum aufgesessen bin. Wie selbstverständlich ging ich davon aus, dass die Menschen, die mit mir während des kalten Krieges in einem marktwirtschaftlich orientierten, freien Westen vor dem Hintergrund des gar nicht so lange zurückliegenden Zweiten Weltkriegs aufgewachsen sind, die gleichen Grundüberzeugungen teilen, und das diese das Fundament unserer Gesellschaft bilden.

Wenn selbst die Verständigung auf einen freiheitlichen Individualismus (wie er im Grundgesetz angelegt ist) nicht mehr gelingt, muss es offenbar fundamentale Unterschiede in der Grundausrichtung der Menschen geben. Da diese scheinbar mit sachlicher Argumentation nicht zu überwinden sind, liegen sie mutmaßlich eher in der Persönlichkeit der Menschen und vermögen deshalb einen solch tiefen Keil in die Gesellschaft zu treiben.

Mit der Lektüre unzähliger Texte und Bücher und der Verfolgung zahlreicher Videos und Gesprächsrunden, reifte in mir der Gedanke, dass das spaltende Element wohl eher eine kollektivistische bzw. individualistische Grundausrichtung ist.

Ein weiteres Puzzleteilchen, welches sich wunderbar in meine heranreifende Erkenntnis fügte, fand ich heute in dem Video von Ben Richter, welches ich unten eingebunden habe. Er beschäftigt sich in seinem Video mit Ayn Rand, die eine Ikone der Libertären ist. Ihr 1.500 Seiten umfassender Roman „Atlas Shrugged“ (aktuell als „Der freie Mensch“ neu aufgelegt, s. auch weiter unten) wird unter Libertären als eine Art Bibel verehrt.

Ben Richter schafft es in 20 Minuten anhand eines historischen Interviews mit Ayn Rand darzustellen, was ihr Konzept des rationalen Egoismus als Gegenkonzept zum Altruismus bedeutet.

Der Kanal „Schlechte Philosophie“ von Ben Richter ist allgemein sehenswert, wärmstens empfohlen und verdient definitiv mehr Aufmerksamkeit.

Auch das Buch „Der freie Mensch“ von Ayn Rand kann ich guten Gewissens weiterempfehlen. Ich selber habe zwar erst knapp 200 Seiten geschafft, finde es jedoch auch abseits der politisch, philosophisch, ethischen Bedeutung unterhaltsam und spannend.

Eine ausführlichere Besprechung von Harald Martenstein (langjähriger Kolumnist des Tagesspiegel und heute bei der Welt) findet sich bei Tichys Einblick.